Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks
„Eine möglichst getreue Vertretung des Bayerischen Volkes” sowie „eine größtmögliche Mannigfaltigkeit der Interessen, Gedanken und Anschauungen” soll der Rundfunkrat bieten. So hieß es bei der Gründung des Bayerischen Rundfunkrats 1949. Von dieser Mannigfaltigkeit ist das Gremium 73 Jahre später noch recht weit entfernt. Der Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks gehört zu den am wenigsten vielfältig besetzten Gremien seiner Art.
So viel Staat wie möglich
Staatliche und staatsnahe Personen machen die größte Gruppe im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks aus. Mit insgesamt 16 staatsnahen Vertreter*innen (12x Landtag, 3x Kommunen, 1x Staatsregierung) reizt das Gremium das verfassungsrechtlich zulässige Maximum von einem Drittel staatlicher und staatsnaher Mitglieder voll aus. Auch die Wirtschaft ist mit sieben Personen, davon allein zwei für den Bayerischen Bauernverband, großzügig im Gremium vertreten.
Außergewöhnlich ist auch die starke Präsenz der beiden christlichen Kirchen. Diese sind nicht nur mit den üblichen Sitzen für die katholische und evangelische Kirche, sondern auch mit einer katholischen und evangelischen Frauenorganisation vertreten. Eine säkulare Frauenorganisation gibt es nicht. Auch das macht den BR-Rundfunkrat unter den ARD-Gremien einmalig.
Kaum Vertretungen für gesellschaftlich marginalisierte Gruppen
Vertreter*innen für Muslim*innen oder Rom*nja und Sinti*zze beispielsweise gibt es ebenso wenig wie für queere Personen. Lediglich eine Vertretung für Menschen mit Behinderung (LAG Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung) und eine für Menschen mit Migrationshintergrund existiert (AG der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns) – ihr Vertreter ist die einzige Schwarze Person im fünfzigköpfigen Gremium.
Hoher Altersdurchschnitt, geringer Frauenanteil
Auch bei der Alters- und der Geschlechtervielfalt gehört der BR-Rundfunkrat zu den Schlusslichtern unter den öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien. Mit einem Frauenanteil von 36 Prozent wird der BR-Rundfunkrat nur von den Gremien von MDR, RBB und ZDF unterboten. Zwar enthält das Bayerische Rundfunkgesetz eine Regelung zur Geschlechterparität, doch kann diese mittels einfacher Begründung durch die Entsendeorganisation umgangen werden.
Junge Perspektiven fehlen fast vollständig. Von den fünfzig Gremienmitgliedern ist lediglich eine Person jünger als vierzig Jahre. Das Durchschnittsalter des Gremiums beträgt 60,7 Jahre.
Vonseiten der politisch Verantwortlichen gab es in den letzten Jahren nur teilweise Bereitschaft zu Veränderungen. Die letzte relevante Reform des Bayerischen Mediengesetzes erfolgte im Jahr 2017. Damals wurden die Vertretungen für Menschen mit Behinderung und Migrationshintergrund neu aufgenommen.
Für weitergehende Reformen setzen sich unter anderem die Bayerischen Grünen ein. Sie fordern mehr Staatsferne, weitere Sitze für benachteiligte Gruppen und verbindliche Regelungen zur Geschlechterparität. Eine entsprechende Gesetzesinitiative aus dem Jahr 2020 hatte allerdings keinen Erfolg. Im vergangenen Jahr gab es eine gemeinsame Initiative zur Aufnahme eines queeren Vertreters durch bayerische Organisationen wie dem LSVD Bayern, Sub e. V. und der Queer Media Society. Auch sie wurde abgelehnt.
Mitglieder: 50
Frauenanteil: 36,0%
Regelung zur Geschlechterparität: unverbindlich, kann mit Begründung umgangen werden
Amtszeit: 5 Jahre
Aktuelle Amtszeit: 05/2022 bis 04/2027
Jährliche Plenarsitzungen: 6 (i.d.R. öffentlich)
Gesetzliche Grundlage: Bayerisches Rundfunkgesetz (Bayerischer Landtag)
Eine Liste mit allen Mitgliedern sowie Grafiken zur Zusammensetzung des BR-Rundfunkrates finden Sie im PDF der Studie.
Hörfunkrat des Deutschlandradios
Der Hörfunkrat des Deutschlandradios besteht aus Repräsentant*innen „gesellschaftlich relevanter Gruppen”. So heißt es auf der Website des Senders. Neben den etablierten Akteur*innen aus Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften gibt es auch zahlreiche Sitze für Vertreter*innen kleinerer Institutionen (zum Beispiel der Weiße Ring, der Landesjugendverband Brandenburg, das Deutsche Jugendherbergswerk, der Deutscher Mieterschutzbund), aber nur wenige Vertreter*innen gesellschaftlich benachteiligter Gruppen.
Kaum Sitze für gesellschaftlich benachteiligte Gruppen
Sämtliche Menschen mit Migrationshintergrund werden im Hörfunkrat des Deutschlandradios von einer Person vertreten („Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat”). Vertretungen für die nationale Minderheit der Sinti*zze und Rom*nja, für Kurd*innen, Russlanddeutsche oder auch religiöse Minderheiten wie Muslim*innen, gibt es nicht. Ebenso sind keine Organisationen vertreten, die die zweite und dritte Generation eingewanderter Menschen repräsentieren.
Positiv: LSBTIQ*-Personen sind infolge der jüngsten Reform des Deutschlandradio-Staatsvertrages seit 2019 mit einem Sitz im Hörfunkrat vertreten. Dieser wird vom Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) wahrgenommen. Zu einem eigenen Sitz für Menschen mit Behinderung konnten sich die Gesetzgeber*innen der 16 Bundesländer hingegen nicht durchringen.
So staatsnah wie gerade noch erlaubt
15 Personen und damit jedes dritte Mitglied des Hörfunkrats wird entweder von einer Landesregierung oder der Bundesregierung entsendet. Mehr Regierungsvertreter*innen finden sich nirgends. Damit gehört der Deutschlandradio-Hörfunkrat nicht nur zu den Gremien mit dem höchsten Anteil an staatlichen oder staatsnahen Mitgliedern, er erfüllt auch nur gerade so die Vorgaben zur Staatsferne des Bundesverfassungsgerichts, die bei maximal einem Drittel der Sitze für staatsnahe und staatliche Vertreter*innen liegt.
Zu männlich und viel zu alt
Die Vorgaben des „Deutschlandradio-Staatsvertrages”, Frauen und Männer gleichermaßen zu berücksichtigen, erfüllt das Gremium einigermaßen. Aktuell sitzen 27 männliche 18 weiblichen Hörfunkratsmitgliedern gegenüber. Das ergibt einen Frauenanteil von 40 Prozent. Damit bewegt sich der Hörfunkrat noch unter dem Durchschnitt der öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien. Bei einem Altersdurchschnitt von rund 58 Jahren sind junge Menschen – wie in allen Rundfunkräten – im Gremium vom Deutschlandradio deutlich unterrepräsentiert.
Mitglieder: 45
Frauenanteil: 40,0 %
Regelung Geschlechterparität: bei Neuentsendung verbindlich
Amtszeit: 5 Jahre
Aktuelle Amtszeit: 01/2019 bis 12/2023
Jährliche Plenarsitzungen: 4 (i.d.R. öffentlich)
Gesetzliche Grundlage: Deutschlandradio-Staatsvertrag (16 Bundesländer)
Eine Liste mit allen Mitgliedern sowie Grafiken zur Zusammensetzung des Hörfunkrates des Deutschlandradios finden Sie im PDF der Studie.
Rundfunkrat der Deutschen Welle
Der Rundfunkrat der Deutschen Welle repräsentiert von allen untersuchten Gremien am wenigsten die Vielfalt der deutschen Gesellschaft. Das 17-köpfige Gremium setzt sich zusammen aus sieben Vertreter*innen staatlicher Einrichtungen (3x Bundesregierung, 2x Bundestag, 2x Bundesrat), insgesamt drei Vertreter*innen der beiden großen Kirchen und des Zentralrates der Juden, zwei Vertreter*innen aus den Bereichen Kultur (Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, Deutscher Kulturrat) sowie einzelnen Vertreter*innen für Bildung (Hochschulrektorenkonferenz), Wirtschaft (Deutsche Industrie und Handelskammer), Gewerkschaft (ver.di) und Sport (Deutscher Olympischer Sportbund).
Nur privilegierte Akteur*innen
Der Rundfunkrat der Deutschen Welle ist das einzige Gremium seiner Art, in dem Menschen mit Einwanderungsgeschichte überhaupt nicht vertreten sind. Es ist auch das einzige ohne einen Sitz für eine Jugendorganisation. Neben dem Hörfunkrat des Deutschlandradios ist es außerdem das einzige ohne Frauen-Vertretung. Auch andere benachteiligte Gruppen wie LBSTIQ*, Menschen mit Behinderung oder Rom*nja und Sinti*zze sind nicht repräsentiert.
Mangelnde Vielfalt zeigt sich auch bei den entsendeten Personen. Keine hat eine Einwanderungsbiografie oder ist jünger als vierzig Jahre. Mit einem Durchschnittsalter von 63 Jahren ist der Rundfunkrat der Deutschen Welle das älteste aller untersuchten Gremien und deutlich älter als der Bevölkerungsdurchschnitt von 44,6 Jahren. Einzig beim Geschlechterverhältnis sticht das Gremium positiv hervor: Sieben Männer sitzen zehn Frauen gegenüber.
Neben der fehlenden Vertretung vieler gesellschaftlich relevanter Gruppen fällt beim Rundfunkrat der Deutschen Welle vor allem der große Anteil staatsnaher Vertreter*innen auf. So stammen 41 Prozent der Mitglieder (7 von 17) aus einer staatsnahen Institution (3x Bundesregierung, 2x Bundestag, 2x Bundesrat). Damit übersteigt das Gremium das vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Maximum von einem Drittel staatsnaher Vertreter*innen deutlich.
Zwar hat die Deutsche Welle als Auslandssender, der direkt aus dem Bundeshaushalt finanziert wird, einen Sonderstatus unter den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Dennoch nimmt sie für sich in Anspruch, staatsfern organisiert zu sein. Diesem Anspruch wird die Deutsche Welle, was die Zusammensetzung ihres wichtigsten Aufsichtsgremiums angeht, nicht gerecht.
Zu den Schlusslichtern unter den öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien gehört der Rundfunkrat auch in Sachen Transparenz. Die Sitzungen finden in aller Regel nicht öffentlich statt.
Mitglieder: 17
Frauenanteil: 58,8 %
Regelung zur Geschlechterparität: unverbindlich
Amtszeit: 5 Jahre
aktuelle Amtszeit: 03/2019 bis 02/2024
Jährliche Plenarsitzungen: 4 (i. d. R. nicht öffentlich)
Gesetzliche Grundlage: Deutsche Welle-Gesetz (Bundestag)
Eine Liste mit allen Mitgliedern sowie Grafiken zur Zusammensetzung des Rundfunkrates der Deutschen Welle finden Sie im PDF der Studie.
Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks
„Die Bandbreite des gesellschaftlichen Lebens in Hessen spiegeln.” Dies verspricht der Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks auf seiner Website. Mit der aktuellen Zusammensetzung erfüllt das Gremium dieses Versprechen allerdings nur für manche Teile der Gesellschaft.
Wie für Rundfunkräte typisch setzt sich das 32-köpfige Gremium vor allem aus staatsnahen Vertreter*innen (5x Hessischer Landtag, 1x Landesregierung), Vertreter*innen aus Wirtschaft und Gewerkschaft (je 4), Bildungs- (4) und Kulturinstitutionen (3) sowie je einer Vertretung für die beiden großen christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinde zusammen. Weitere einzelne Sitze gibt es unter anderem für die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen und den Bund der Vertriebenen.
Ausgeglichenes Geschlechterverhältnis
Infolge der Einführung verbindlicher Regelungen zur Geschlechterparität im HR-Gesetz ist das Verhältnis zwischen Männern (16) und Frauen (16) vorbildlich. Nicht-binäre Rundfunkratsmitglieder sind indes keine bekannt. Frauen (LandesFrauenRat) und Jugend (Hessischer Jugendring) sind je einem Sitz vertreten. Mit einem Durchschnittsalter von 57,8 Jahren ist aber auch der Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks deutlich überaltert.
Muslimisches Rotationsmodell
Den Anliegen von Menschen mit Migrationshintergrund trägt ein Vertreter der „Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte” Rechnung. Seit dem Jahr 2017 ist auch die muslimische Bevölkerung Hessens mit einem Sitz im Rundfunkrat vertreten. Dieser rotiert zwischen Ditib Hessen, der Ahmadiyya-Gemeinde Hessen und der Alevitischen Gemeinde Hessen. Vertreter*innen für Rom*nja und Sinti*zze oder etwa für Kurd*innen, Geflüchtete oder Schwarze Menschen existieren nicht.
LBSTIQ* und Menschen mit Behinderung bleiben draußen
LBSTIQ*-Personen und Menschen mit Behinderung sind ebenfalls nicht im Gremium vertreten. Im Zuge der jüngsten Novellierung des HR-Gesetzes im Jahr 2016 gab es zwar entsprechende Forderungen und Debatten im Hessischen Landtag. Die Aufnahme scheiterte aber schließlich am Votum der schwarz-grünen Regierungsparteien.
Die Begründung des Chefs der Hessischen Staatskanzlei, Axel Wintermeyer (CDU), eine weitere Aufstockung würde die „Arbeitsfähigkeit des Gremiums” gefährden, überzeugt nicht. Denn zum einen verfügt der HR-Rundfunkrat auch nach der Reform noch über vergleichsweise wenige Sitze – davon entfallen allein sechs auf Politiker*innen und acht auf Wirtschafts- und Gewerkschaftsvertreter*innen. Zum anderen wird der Auftrag von Rundfunkräten, die Vielfalt der Gesellschaft zu repräsentieren, nicht durch die Anzahl der Sitze limitiert.
Mitglieder: 32
Frauenanteil: 50,0 %
Regelung zur Geschlechterparität: verbindlich bei Neuentsendung
Amtszeit: vier Jahre
aktuelle Amtszeit: 01/2021 bis 12/2024
Jährliche Plenarsitzungen: 8 (i.d.R. öffentlich)
Gesetzliche Grundlage: HR-Gesetz (Hessischer Landtag)
Eine Liste mit allen Mitgliedern sowie Grafiken zur Zusammensetzung des HR-Rundfunkrates finden Sie im PDF der Studie.
Rundfunkrat des Mitteldeutschen Rundfunks
Mit der Novellierung des MDR-Staatsvertrages im Jahr 2021 ist der Rundfunkrat des MDR der Anforderung, die Gesellschaft Sachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringens zu repräsentieren, ein Stück nähergekommen. Erreicht hat das Gremium dieses Ziel aber noch lange nicht.
Die größte Gruppe im fünfzigköpfigen Gremium stellen auch im MDR-Rundfunkrat staatsnahe Vertreter*innen. Zu den drei Vertreter*innen der Landesregierungen und den neun der Landtage kommen zwei Vertreter*innen der Kommunen hinzu. Damit besetzen die 14 staatsnahen Vertreter*innen allein schon 28 Prozent der Sitze. Weitere 15 Sitze entfallen auf Mitglieder aus Wirtschaft und Gewerkschaft. Evangelische Institutionen kommen auf zwei, katholische und jüdische Gemeinden auf je einen Sitz. Institutionen aus Kultur und Bildung sind – untypisch für Rundfunkräte – kaum vertreten.
Migrant*innen, LBSTIQ* und Menschen mit Behinderung sind neu
Der MDR-Rundfunkrat war neben dem Rundfunkrat der Deutschen Welle bis 2021 das einzige Gremium, in dem Menschen mit Einwanderungsgeschichte gar nicht vertreten waren. Das hat sich mit der jüngsten Novellierung des MDR-Staatsvertrags und der Aufnahme eines Vertreters des Dachverbandes Sächsischer Migrantenorganisationen geändert. Seit Beginn dieses Jahres verfügt das Gremium außerdem über eine Vertretung für LSBTIQ* (LSVD Sachsen-Anhalt) und Menschen mit Behinderung (Blinden- und Sehbehindertenverband Thüringen). Außerdem ist die nationale Minderheit der Sorb*innen im Gremium mit einem Sitz vertreten (Domowina).
Wenige Frauen, kaum Minderheiten
Der Frauenanteil im MDR-Rundfunkrat hat sich zwar von 19 auf 28 Prozent (36 Männer, 14 Frauen) erhöht. In Sachen Geschlechtergerechtigkeit bildet der MDR-Rundfunkrat damit aber auch nach seiner Reform immer noch das Schlusslicht unter den untersuchten öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien. Mitglieder, die sich keinem der zwei Geschlechter zuordnen, gibt es nicht. Darüber hinaus mangelt es dem MDR-Rundfunkrat beispielsweise auch an Vertretungen für die asiatische Community oder für die nationale Minderheit der Rom*nja und Sinti*zze.
Jagdverband und ADAC statt mehr Vielfalt
Eine Chance für mehr Vielfalt hat der MDR-Rundfunkrat auch bei der Auswahl seiner volatilen Mitglieder verpasst. Das Gremium gehört zu den wenigen, in denen ein Teil der Sitze in jeder Amtszeit neu vergeben wird. Um welche acht Organisationen es sich dabei handelt, entscheiden die drei Landtage mit Zweidrittelmehrheit.
Die Hoffnung, dass die Wahl wechselnder Mitglieder zu mehr Repräsentation von benachteiligten Gruppen beitragen könnte, erfüllte sich dabei nicht. Zuletzt fiel das Votum auf den Arbeitskreis Thüringer Familienorganisationen, die Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt, den Landestourismusverband Sachsen, den ADAC Sachsen, den Landesjagdverband Sachsen-Anhalt, den Landesverein Sächsischer Heimatschutz und Courage – Werkstatt für demokratische Bildungsarbeit. Immerhin: Bei dem Dresdner Verein Courage handelt es sich um die einzige Organisation in einem der zwölf Rundfunkräte, die sich dezidiert gegen Rechtsextremismus engagiert.
Mitglieder: 50
Frauenanteil: 28,0 %
Regelung zur Geschlechterparität: verbindlich bei Neuentsendung
Amtszeit: sechs Jahre
aktuelle Amtszeit: 01/2022 bis 12/2027
Jährliche Plenarsitzungen: 7 (i.d.R. öffentlich)
Gesetzliche Grundlage: MDR-Staatsvertrag (Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen)
Eine Liste mit allen Mitgliedern sowie Grafiken zur Zusammensetzung des MDR-Rundfunkrates finden Sie im PDF der Studie.
Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks
Über den Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks „wird die Bandbreite des gesellschaftlichen Lebens in Norddeutschland gespiegelt”. So heißt es auf der Website des NDR. Dieses Versprechen löst das Gremium leider nicht ein. Der NDR-Rundfunkrat gehört zu den am wenigsten diversen Gremien seiner Art.
Gremium mit dem geringsten Anteil staatsnaher Mitglieder
Wie in den meisten Rundfunkräten bilden auch im 58-köpfigen Aufsichtsgremium des NDR staatsnahe Vertreter*innen die größte Gruppe. Bei gut jedem fünften Mitglied (20,7 Prozent) handelt es sich um eine*n Vertreter*in einer Landtagsfraktion (5x Niedersachsen, 2x Hamburg, 2x Mecklenburg-Vorpommern, 2x Schleswig-Holstein) oder einen Kommunalvertreter (1x). Damit weist der NDR-Rundfunkrat den niedrigsten Anteil staatsnaher Vertreter*innen aller Rundfunkräte auf.
Gewerkschaften und Berufsverbände sind mit insgesamt sieben, Wirtschaftsverbände sind mit sechs Personen vertreten. Die evangelische und katholische Kirche können je zwei, jüdische Gemeinden eine Person entsenden.
Einige sind doppelt und dreifach vertreten, andere gar nicht
Auffällig ist im NDR-Rundfunkrat die starke Vertretung von Sozialverbänden (5), Umweltschutzorganisationen (5) sowie Vereinen und Verbänden, die sich für Kinder, Jugend, Frauen oder Senior*innen engagieren (6). Mit drei Frauenorganisationen ist der NDR-Rundfunkrat auch in diesem Bereich Spitzenreiter.
Die starke Repräsentation einzelner Gruppen ist aber vor allem dem Umstand geschuldet, das jedes der vier Bundesländer im Sendegebiet des NDR mit jeweils eigenen Organisationen vertreten ist. Gesellschaftlich benachteiligte Gruppen bringen es hingegen in vielen Fällen nicht einmal auf einen Sitz. LSBTIQ*, Menschen mit Behinderung oder Rom*nja und Sinti*zze verfügen im Gremium über keine eigene Stimme. Auch Vertreter*innen für Muslim*innen, Schwarze Menschen oder Geflüchtete existieren nicht. Die gesamte norddeutsche Bevölkerung mit Migrationshintergrund wird durch einen einzigen Vertreter des Niedersächsischen Integrationsrat repräsentiert.
NDR-Reform: Forderungen abgewiesen, Versprechen nicht eingelöst
An der mangelnden Vielfalt und fehlender Repräsentation änderte auch die jüngste Reform des NDR-Staatsvertrag im Jahr 2021 nichts. Forderungen nach Repräsentation beispielsweise durch den Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) wurden abgelehnt. Auch die bereits 2012 durch die Stadt Hamburg an muslimische Gemeinden gegebene Zusage für eine eigene Vertretung im NDR-Rundfunkrat bleibt uneingelöst.
Mitglieder: 58
Frauenanteil: 49,1 Prozent
Regelung zur Geschlechterparität: greift bei Neuentsendung, Rundfunkratsvorsitzende*r kann über Ausnahmen entscheiden
Amtszeit: fünf Jahre
aktuelle Amtszeit: 06/2022 bis 05/2027
Jährliche Plenarsitzungen: 7 (öffentlich)
Gesetzliche Grundlage: NDR-Staatsvertrag (Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein)
Eine Liste mit allen Mitgliedern sowie Grafiken zur Zusammensetzung des NDR-Rundfunkrates finden Sie im PDF der Studie.
Rundfunkrat von Radio Bremen
Der Rundfunkrat von Radio Bremen gehört zu den am vielfältigsten besetzten Aufsichtsgremien der Öffentlich-Rechtlichen. Trotz seiner nur 32 Mitglieder verschafft er gesellschaftlich benachteiligten Gruppen ein Maß an Repräsentation, das in den meisten anderen Rundfunkräten fehlt.
Staatsnahe Vertreter*innen (5x Bürgerschaft, 1x Regierung, 1x Kommune) stellen zwar auch im Rundfunkrat von Radio Bremen die größte Fraktion. Darüber hinaus lässt sich kein Übergewicht einer bestimmten Gruppe ausmachen. Gewerkschaften bringen es auf drei, Wirtschaftsverbände auf zwei Vertreter*innen. Zu den üblichen festen Sitzen kommen vier variable Plätze, die vom Medienausschuss der Bremischen Bürgerschaft vergeben werden.
LBSTIQ*, Migrant*innen und Menschen mit Behinderung vertreten
Neben den Vertretungen für Frauen (Bremer Frauenausschuss) und Jugend (Bremer Jugendring) sind auch Menschen mit Migrationshintergrund (Bremer Rat für Integration), Menschen mit Behinderung (Landesteilhabebeirat) und die LBSTIQ*-Community Bremens (LSVD) mit je einer Stimme vertreten. Ein Sitz für die nationale Minderheit der Sinti*zze und Rom*nja existiert nicht. Das Geschlechterverhältnis ist durch die Paritätsregelung im Radio-Bremen-Gesetz fast ausgeglichen (16 Männer, 15 Frauen).
Religiöse und weltanschauliche Vielfalt
Außergewöhnlich für ein öffentlich-rechtliches Aufsichtsgremium ist insbesondere die Vielfalt religiöser und weltanschaulicher Vertretungen. Neben den üblichen Sitzen für die katholische und evangelische Kirche sowie die jüdischen Gemeinden haben auch Muslim*innen einen Sitz (Schura Bremen, Ditib Niedersachsen und Bremen, VIKZ Bremen). Hinzu kommt eine eigene alevitische (Alevitische Jugend im Norden) und atheistische Vertretung (Humanistische Union). Das gibt es sonst nirgends.
Mitglieder: 32
Frauenanteil: 48,4 %
Geschlechterparität: bei Neuentsendung
Amtszeit: vier Jahre
aktuelle Amtszeit: 06/2020 bis 05/2024
Jährliche Plenarsitzungen: 5 (öffentlich)
Gesetzliche Grundlage: Radio-Bremen-Gesetz (Bremische Bürgerschaft)
Eine Liste mit allen Mitgliedern sowie Grafiken zur Zusammensetzung des Rundfunkrates von Radio Bremen finden Sie im PDF der Studie.
Rundfunkrat vom Rundfunk Berlin-Brandenburg
Berlin gehört zu den vielfältigsten Städten Deutschlands. Im Rundfunkrat des RBB ist davon allerdings wenig zu spüren. Das Gremium bindet große Teile der Bevölkerung im Verbreitungsgebiet des RBB nicht ein.
Stattdessen bilden Politiker*innen auch im RBB-Rundfunkrat die größte Gruppe. Das Gremium vertritt die Bevölkerungen zweier Bundesländer, entsprechend sind neun von insgesamt dreißig Plätzen verteilt auf Vertreter*innen des Berliner Abgeordnetenhauses (4), des Landtages Brandenburgs (3) und brandenburgischer Kommunen (2). Mit einem Anteil von dreißig Prozent liegt das Gremium damit knapp unter dem vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Maximum von einem Drittel staatsnaher Vertreter*innen unter den Mitgliedern. Gesandte von Wirtschaftsverbänden (4) und Gewerkschaften (3) stellen die zweitgrößte Gruppe. Die beiden großen christlichen Kirchen und die jüdische Gemeinde verfügen über je einen Sitz, letzterer ist aber seit Längerem vakant.
Männerüberhang und ein Sitz für die „ausländische Bevölkerung”
Gesellschaftlich benachteiligte Gruppen sind im RBB-Rundfunkrat stark unterrepräsentiert. Die muslimische Bevölkerung verfügt ebenso wenig über eine Stimme im Gremium wie die nationale Minderheit der Rom*nja und Sinti*zze. Auch andere Gruppen wie Schwarze Menschen, Kurd*innen, die polnische oder die Asiatisch-Deutsche Community sind nicht repräsentiert. Einzig eine Stimme für die Vertretung der „ausländischen Bevölkerung Berlins und Brandenburgs” existiert im Gremium.
Schlecht schneidet der RBB-Rundfunkrat darüber hinaus bei der Geschlechtergerechtigkeit ab. Zwanzig Männer sitzen hier neun Frauen gegenüber. Einen geringeren Frauenanteil hat nur das Kontrollgremium des MDR.
Forderungen von LSBTIQ* und Menschen mit Behinderung bleiben ergebnislos
Trotz jahrelang unter anderem durch den Lesben- und Schwulenverband (LSVD) und den Berliner Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen erhobener Forderungen verfügen beide über keine feste Vertretung im RBB-Rundfunkrat. Zwar gab es in der Vergangenheit seitens der Regierenden in Berlin und Brandenburg Bemühungen, den RBB-Staatsvertrag entsprechend zu reformieren, doch diese wurden Anfang 2021 auf unbestimmte Zeit verschoben.
Vertane Chance für Vielfalt
Wie beim WDR und bei Radio Bremen wird auch im RBB-Rundfunkrat ein Teil der Sitze in jeder Amtszeit neu vergeben. Der Landtag Brandenburg und das Berliner Abgeordnetenhaus können auf Vorschlag der Fraktionen drei bzw. vier „Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens” entsenden. Explizit sieht das Gesetz vor, dass es sich dabei nicht um Abgeordnete handeln muss.
In der aktuellen Amtszeit nutzten jedoch fast alle Fraktionen diese Bestimmung, um Politiker*innen aus den eigenen Reihen ins Gremium zu entsenden. Lediglich die Fraktion der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus verzichtete darauf, den Platz selbst zu besetzen und stellte stattdessen den Vorsitzenden des Berliner Behindertenverbandes auf. Um eine offizielle und damit rechtlich verbindliche Vertretung für Menschen mit Behinderung handelt es sich bei diesem Sitz jedoch nicht.
Mitglieder: 30
Frauenanteil: 31,0 %
Geschlechterparität: bei Neuentsendung
Amtszeit: vier Jahre
aktuelle Amtszeit: 02/2019 bis 02/2023
Jährliche Plenarsitzungen: 5 (öffentlich)
Gesetzliche Grundlage: RBB-Staatsvertrag (Berlin und Brandenburg)
Eine Liste mit allen Mitgliedern sowie Grafiken zur Zusammensetzung des RBB-Rundfunkrates finden Sie im PDF der Studie.
Rundfunkrat des Saarländischen Rundfunks
Der Rundfunkrat des Saarländischen Rundfunks soll der „Vielfalt der Meinungen der Bevölkerung Rechnung tragen”. Diesem Anspruch wird das Gremium bezüglich einiger Bevölkerungsteile gerecht, andere Stimmen fehlen hingegen.
Staatsnahe Vertreter*innen stellen die größte Gruppe im 39-köpfigen Gremium. Neben sechs Landtagsabgeordneten finden sich zwei Kommunalvertreter*innen und ein Regierungsmitglied. Einzigartig ist die Vertretung einer internationalen politischen Institution. Der interregionale Parlamentarierrat vereint Repräsentant*innen aus Lothringen, Luxemburg, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, der Wallonie und der französischen und deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und ist aktuell durch seinen luxemburgischen Präsidenten im SR-Rundfunkrat vertreten.
Viel Raum für Wirtschaft, Gewerkschaft und Kirchen
Auch Arbeitgeber*innen- und Arbeitnehmer*innenorganisationen wird großer Einfluss gewährt. Sie bringen es auf vier bzw. fünf Sitze. Die beiden großen christlichen Kirchen sowie die jüdische Gemeinde sind mit jeweils einer Vertretung präsent. Hinzu kommen zwei Vertreterinnen einer katholischen und einer evangelischen Frauenorganisation. Mit dem Landesfrauenrat ist zudem auch eine säkulare Frauenorganisation präsent.
Migrant*innen und LBSTIQ* seit 2015 im Gremium
Wie im Fall der meisten Rundfunkräte wurden auch die Gesetze zur Zusammensetzung des SR-Rundfunkrates im Zuge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Staatsferne im Jahr 2014 überarbeitet. Die Reform führte zur Reduzierung staatsnaher Vertreter*innen und zur Aufnahme des LSVD Saarland und des saarländischen Integrationsrates in den Rundfunkrat.
Menschen mit Behinderung werden aktuell durch den Vorsitzenden des Sozialverband VdK Saarland repräsentiert. Weitere Vertretungen gesellschaftlich benachteiligter Gruppen – etwa für Rom*nja und Sinti*zze, Muslim*innen, Kurd*innen oder Schwarze Menschen und andere – existieren nicht.
Mitglieder: 39
Frauenanteil: 41,0 %
Regelung zur Geschlechterparität: bei Neuentsendung, kann mit Begründung umgangen werden
Amtszeit: 4 Jahre
aktuelle Amtszeit: 01/2020 bis 12/2023
Jährliche Plenarsitzungen:5 ( i.d.R. öffentlich)
Gesetzliche Grundlage: Saarländisches Mediengesetz (Landtag Saarland)
Eine Liste mit allen Mitgliedern sowie Grafiken zur Zusammensetzung des SR-Rundfunkrates finden Sie im PDF der Studie.
Rundfunkrat des Südwestrundfunks
Mit 74 Mitgliedern ist der SWR-Rundfunkrat das größte der untersuchten Gremien. Diese Größe kommt vor allem etablierten Akteur*innen zugute, gesellschaftlich benachteiligte Gruppen sind aber zumindest teilweise vertreten.
Mehr Sitze für Wirtschaft, Gewerkschaften und Kirche gibt es nirgends
Mit Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bedient der SWR die Bevölkerungen zweier Bundesländer. Da die beiden Bundesländer oft jeweils eigene und teils mehrere Organisationen entsenden, sind einige Akteur*innen deutlich überrepräsentiert. Zwar gab es in der Vergangenheit Bemühungen das Gremium zu verkleinern – bisher waren sie allerdings erfolglos.
Mit insgesamt 18 Vertreter*innen haben im SWR-Rundfunkrat mehr Personen aus Wirtschaft und Gewerkschaften einen Platz als in jedem anderen Gremium. Dasselbe gilt für christliche Religionsvertreter*innen: Insgesamt sieben Abgesandte der katholischen und evangelischen Kirche sind im SWR-Rundfunkrat vertreten. Wie es besser geht, zeigt unter anderem der MDR-Rundfunkrat, in dem einzelne Bereiche nur von jeweils einem Bundesland vertreten werden.
Der größte Teil der Sitze wird auch im SWR-Rundfunkrat von Politiker*innen besetzt (17). Mit 23 Prozent staatsnaher Vertreter*innen bewegt sich das Gremium aber in relativen Zahlen betrachtet, im unteren Bereich. Das Geschlechterverhältnis im SWR-Rundfunkrat ist mehr als ausgeglichen (35 Männer, 39 Frauen). Personen, die sich nicht dem binären Geschlechtersystem zuordnen, sind nicht bekannt.
Einzige Vertretung für Rom*nja und Sinti*zze, aber keine für queere Menschen
Die doppelte Vertretung vieler gesellschaftlicher Gruppen kommt jedoch auch Menschen mit Migrationshintergrund zugute. Seit 2015 ist der SWR-Rundfunkrat das einzige Gremium mit zwei solcher Vertretungen (durch die beiden Landesverbände der kommunalen Migrantenvertretungen). Gleichzeitig wurde auch die Vertretung für Rom*nja und Sinti*zze (rheinland-pfälzischer Landesverband der Sinti und Roma) aufgenommen. Dieser Sitz ist deutschlandweit einmalig. Hinzu kommt seit 2015 auch eine muslimische Vertretung durch eine Repräsentantin der muslimischen Gemeinden Baden-Württembergs.
Ebenfalls durch eine Organisation aus Baden-Württemberg werden Menschen mit Behinderung repräsentiert (Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg). Eine Vertretung queerer Menschen hingegen fehlt.
Mitglieder: 74
Frauenanteil: 52,7 %
Regelung zur Geschlechterparität: verbindlich bei Neuentsendung
Amtszeit: vier Jahre
aktuelle Amtszeit: 01/2020 bis 12/2024
Jährliche Plenarsitzungen: 7 ( i.d.R. öffentlich)
Gesetzliche Grundlage: Saarländisches Mediengesetz (Landtag Saarland)
Eine Liste mit allen Mitgliedern sowie Grafiken zur Zusammensetzung des SWR-Rundfunkrates finden Sie im PDF der Studie.
Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks
„Vielfalt gehört zu unserer DNA”, heißt es im Unternehmensprofil des WDR. Zum Rundfunkrat des Senders gehört sie leider nicht. Obwohl das WDR-Verbreitungsgebiet beispielsweise in Bezug auf die Bevölkerung mit Migrationshintergrund (31,7 Prozent) so heterogen ist wie in kaum einem anderen Bundesland, werden viele Stimmen Nordrhein-Westfalens im Gremium kaum gehört.
Politik, Wirtschaft und Gewerkschaft sowie Kultur und Bildung sind die Bereiche, denen die meisten der 55 Mitglieder des WDR-Rundfunkrates zugeordnet werden können. Mit 14 Abgesandten aus Landtag und Kommunen ist rund jedes vierte Mitglied dem staatsnahen Bereichen zuzuordnen. Gewerkschaften und Berufsverbände bringen es auf acht Sitze, Kultureinrichtungen besetzen sieben und Wirtschaftsverbände fünf Sitze.
Kaum Mitglieder mit Einwanderungsgeschichte
Unzureichend für ein Verbreitungsgebiet, in dem etwa jede*r dritte Bewohner*in einen Migrationshintergrund hat, erscheint die geringe Vertretung dieser großen Gruppe durch lediglich eine Person. Vertretungen etwa für Russlanddeutsche, Kurd*innen oder polnische Einwander*innen, für Schwarze Menschen oder die Asiatisch-Deutsche Community existieren ebenso wenig wie ein Sitz für die nationale Minderheit der Rom*nja und Sinti*zze.
Ausschluss muslimischer Organisationen
Besonders auffällig ist die Abwesenheit einer islamischen Entsendeorganisation in dem Bundesland, in dem die meisten Muslim*innen in Deutschland leben. Zwar gab es in den Jahren 2015 und 2016 Debatten um die Aufnahme einer muslimischen Vertretung. Diese wurden von der damaligen rot-grünen Landesregierung mit dem Argument zurückgewiesen, in NRW existiere keine islamische Religionsvertretung, die den Status einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts genieße. Diese Begründung kann nicht überzeugen: Denn zum einen ist auch die rechtliche Anerkennung islamischer Religionsgemeinschaften eine politische Entscheidung. Zum anderen sitzen in Rundfunkräten zahlreiche Organisationen, die keinen solchen Status besitzen.
Mehr Frauen als Männer und Vertretung für LBSTIQ* sowie für Menschen mit Behinderung
Besser steht es um die Vertretung von Menschen mit Behinderung und der Queer-Community. Sie sind mit je einer Stimme durch den Landesbehindertenrat NRW beziehungsweise die Landesarbeitsgemeinschaft Lesben in NRW und das Queere Netzwerk NRW vertreten. Positiv fällt auch das Geschlechterverhältnis auf: 22 Männer sitzen derzeit 33 Frauen gegenüber. Einen höheren Frauenanteil (60 Prozent) gibt es nirgends. Ein Gremiumsmitglied, das sich nicht dem binären Geschlechtersystem zuordnet, ist indes nicht bekannt.
Variable Sitze führen nicht zu mehr Vielfalt
Wie in den Gremien von Radio Bremen und des MDR wird auch im WDR-Rundfunkrat ein Teil der Sitze mit jeder Amtszeit neu vergeben. In der letzten Amtszeit konnten sich Verbände um fünf Sitze beim Landtag bewerben. Für Einzelpersonen gab es zwei weitere Sitze, über deren Vergabe der Rundfunkrat entschied. Diese zwei Sitze für Einzelpersonen fielen im Zuge der Novellierung des WDR-Gesetzes im Jahr 2021 für die aktuelle Amtszeit weg.
Zu mehr Repräsentation marginalisierter Bevölkerungsgruppen führte die Vergabe der fünf verbliebenen Sitze allerdings nicht. Diese werden aktuell durch Vertreter*innen vom Mieterbund, der Ärztekammer, dem LiteraturRat, dem „erzkonservativen” Verband kinderreicher Familien und dem Landesjagdverband NRW besetzt.
Mitglieder: 55
Frauenanteil: 60,0 %
Regelung zur Geschlechterparität: verbindlich bei Neuentsendung
Amtszeit: 5 Jahre
Aktuelle Amtszeit: 12/2021 bis 11/2026
Jährliche Plenarsitzungen: 10 ( i.d.R. öffentlich)
Gesetzliche Grundlage: WDR-Gesetz (Landtag Nordrhein-Westfalen)
Eine Liste mit allen Mitgliedern sowie Grafiken zur Zusammensetzung des WDR-Rundfunkrates finden Sie im PDF der Studie.
Mit seinem Urteil zur fehlenden Staatsferne des ZDF-Fernsehrats hat das Bundesverfassungsgericht 2014 eine Welle an Reformen für die öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien ausgelöst. Auch im ZDF-Fernsehrat haben Pluralität und Repräsentation infolge des Urteils zugenommen. In Sachen Staatsferne belegt das Gremium aber nach wie vor einen der hinteren Plätze.
Großzügige Vertretung etablierter Akteur*innen
Von sechzig Mitgliedern entstammen zwanzig staatlichen Institutionen (16x Landesregierungen, 2x Bund, 2x Kommunen). Somit begnügt sich das Gremium bei der Reduzierung staatsnaher Vertreter*innen auf das verfassungsrechtlich absolut Notwendige (33,3 Prozent) und wird nur vom Rundfunkrat der Deutschen Welle unterboten (41 Prozent). Mit insgesamt 13 Vertreter*innen aus Wirtschaft, Berufsverbänden und Gewerkschaften gehört der ZDF-Fernsehrat auch bei der Anzahl anderer etablierter Akteur*innen zu den Spitzenreitern. Die beiden großen christlichen Kirchen dürfen je zwei Vertreter*innen entsenden. Sozialverbände sind mit sechs Sitzen ebenfalls großzügig vertreten.
Verfassungsgericht sorgte für mehr Vielfalt
Die Größe des Gremiums und die vom Bundesverfassungsgericht angestoßene Reform des ZDF-Staatsvertrages im Jahr 2015 kommt aber auch marginalisierten Gruppen zugute. So existiert neben der üblichen Migrant*innen-Vertretung (Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland) auch ein Sitz für Muslim*innen (Schura Niedersachsen) und einer für queere Menschen (LSVD Thüringen). Menschen mit Behinderung sind über den Sozialverband VDK vertreten. Sint*zze und Rom*nja (Verband Deutscher Sinti und Roma Landesverband Schlesweig Holstein) teilen sich mit drei weiteren Gruppen einen Sitz für "Regional- und Minderheitensprachen". Im Vergleich mit anderen Rundfunkräten ist der ZDF-Fernsehrat damit recht vielfältig besetzt.
Das einzige Gremium ohne eigene Vertretung für Frauen und Jugend
Auffallend schlecht ist es im ZDF-Fernsehrat hingegen um Organisationen bestellt, die „Senioren, Familie, Frauen und Jugend” vertreten. Sie müssen sich einen Gemeinschaftssitz mit diesem Titel teilen. Damit ist der ZDF-Fernsehrat neben dem Rundfunkrat der Deutschen Welle das einzige Gremium ohne jeweils einen eigenen Sitz für Jugend bzw. Frauen. Auch in Sachen Geschlechtergerechtigkeit gehört der ZDF-Fernsehrat zu den Schlusslichtern. Zwar sitzt im Gremium die einzige öffentlich bekannte nicht-binäre Person von allen zwölf untersuchten öffentlich-rechtlichen Rundfunkräten. Trotzdem beträgt der Anteil von Frauen und nicht-binären Mitgliedern im ZDF-Fernsehrat gerade einmal ein Drittel – nur die Gremien von MDR und RBB schneiden noch schlechter ab. Mit einem Altersdurchschnitt von 57,3 Jahren ist das Gremium zudem überaltert.
Mitglieder: 60
Anteil an Frauen und nicht-binären Personen: 33,3 %
Regelung zur Geschlechterparität: verbindlich bei Neuentsendung
Amtszeit: vier Jahre
Aktuelle Amtszeit: 07/2020 bis 06/2024
Jährliche Plenarsitzungen: 4 ( i.d.R. öffentlich)
Gesetzliche Grundlage: ZDF-Staatsvertrag (alle 16 Bundesländer)
Eine Liste mit allen Mitgliedern sowie Grafiken zur Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrates finden Sie im PDF der Studie.